Am 11. Juli veranstaltet die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus zum zweiten Mal eine Grossdemonstration für die Schliessung aller Schlachthäuser in Bern. Wir finden es wichtig, dass der Kampf gegen das Schlachten auf die Strasse getragen wird. Schlachthäuser sind Stätten der kapitalistischen Barbarei, in denen Tiere ungeachtet ihrer Leidensfähigkeit und Individualität millionenfach ermordet und Lohnabhängige in entfremdeter Arbeit ausgebeutet werden. Deshalb unterstützen wir die Demo und rufen alle progressiven Kräfte zur Teilnahme auf.
Unseres Erachtens herrscht in der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung eine grosse Verwirrung darüber, wie die Forderung nach einem Ende des Schlachtens erreicht werden kann. Zwar hat sich in den letzten Jahren die Erkenntnis verbreitet, dass die Ausbeutung der Tiere gesellschaftliche Ursachen hat – so schreiben die OrganisatorInnen der Demo, dass Tiere „systematisch zur Ware degradiert“ werden und „Tofu alleine […] die Tiere nicht retten“ wird. Doch wie diese gesellschaftlichen Verhältnisse zu begreifen sind und wie sie überwunden werden können bleibt weitgehend im Dunkeln. Wir wollen daher mit dem folgenden Flugblatt einen Beitrag zur Klärung dieser Probleme leisten. Dabei soll aufgezeigt werden, dass es sich bei der Befreiung der Tiere um eine Klassenfrage handelt.
Für die Enteignung aller Schlachthäuser!
oder weshalb uns die Schlachthäuser erst einmal gehören müssen, bevor wir sie schliessen können.
Schlachthäuser sind Orte der Gewalt und Ausbeutung. Allein in der Schweiz werden jährlich über 62 Millionen Tiere für die Fleischproduktion ermordet. Um dieses unermessliche Leid und Elend zu beenden, gehören Schlachthäuser abgeschafft! Doch wenn dieses Ziel keine Utopie bleiben soll, müssen wir die gesellschaftlichen Wurzeln der Ausbeutung der Tiere begreifen. Nur wenn wir ein klares Verständnis der Ursachen der Tierausbeutung haben und unsere politischen Gegner kennen, kann der Kampf gegen das Schlachten zum Erfolg führen.
«It’s the economy, stupid!»
Der destruktive Umgang mit Tieren wird von AktivistInnen der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung häufig auf fehlende Moral oder eine tierfeindliche Ideologie zurückgeführt. Für solche Ideologien gibt es inzwischen viele Bezeichnungen – Speziesismus, Karnismus, Mensch-Tier-Dualismus, Gewaltkultur –, gemeint ist aber immer dasselbe: Tiere werden ausgebeutet, weil Menschen sie als etwas Niedrigeres betrachten. In Wirklichkeit verhält es sich jedoch gerade umgekehrt: Weil Tiere ausgebeutet werden, werden sie als niedriger betrachtet. Die Fleischbosse von Bell, Micarna und Co schicken nicht Millionen Tiere in den Tod, weil sie ausgesprochene Tierhasser sind, sondern weil sie daraus riesige Profite ziehen. Die speziesistische Ideologie, wie sie etwa über die Branchenorganisation Proviande verbreitet wird, dient ihnen dabei bloss zur Rechtfertigung und Verschleierung ihres blutigen Geschäfts.
Hinter Tierausbeutung steht das Kapital
In der Schweiz werden pro Jahr ca. 9.7 Milliarden Franken mit Fleischwaren umgesetzt. Die Eigentümer der Fleischkonzerne verdienen sich eine goldene Nase, indem sie Tiere von einem Heer lohnabhängiger Werktätiger zu profitträchtigen Waren verarbeiten lassen. Die Kosten tragen die Tiere und die ArbeiterInnen. Während erstere den Profit des Kapitals mit ihrem Leben bezahlen, schuften letztere für einen Niedriglohn in fremdbestimmten Arbeitsverhältnissen für ihre Existenz. Es sind also keineswegs die Menschen, welche die Tiere ausbeuten. Es ist vielmehr eine kleine Gruppe von Kapitalisten, die über die Fleischindustrie verfügt und sie dazu benutzt, um mit der Unterdrückung der Tiere und der Ausbeutung der Lohnabhängigen mehr Geld anzuhäufen. Als Komplize betätigt sich dabei der Schweizer Staat: so fliessen z.B. jährlich rund sechs Millionen Franken an Steuergeldern in Werbung zur Ankurbelung des Fleischkonsums.
Das Problem ist das System
Im Kapitalismus befinden sich die gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen einer herrschenden Minderheit und dienen ihrer privaten Bereicherung. Der Zweck der Produktion besteht nicht in der Befriedigung der Bedürfnisse der Gesellschaft, sondern in der Maximierung des Profits der Unternehmer und Konzernherren. Diese Profite beruhen auf der Ausbeutung der LohnarbeiterInnen, der Versklavung der Tiere und der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen. Es ist daher eine Illusion zu glauben, die Befreiung der Tiere könne über tierschützende Reformen oder vegane Märkte erreicht werden. Solche Massnahmen lassen die Grundlage von Ausbeutung unberührt: das Privateigentum an den Produktionsmitteln. Um dem Schlachten ein Ende zu setzen, müssen deshalb die kapitalistischen Produktions- und Eigentumsverhältnisse selbst in Frage gestellt werden.
Fleischindustrie enteignen! Kapitalismus abschaffen!
Solange die Produktion unter dem Diktat des Kapitals steht, werden die Bedürfnisse der Tiere und der lohnabhängigen Menschen auf dem Altar des Profits geopfert. Erst wenn die Kapitalisten enteignet und die Produktionsmittel der gesellschaftlichen Kontrolle unterworfen werden, ist es möglich, die Produktion nach vernünftigen und moralischen Kriterien auszurichten. Nur wenn die Produktionsmittel allen gehören, können die Schlachthäuser geschlossen und in eine Lebensmittelherstellung überführt werden, die nicht mehr auf Ausbeutung beruht. Dieses Ziel kann die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung nur im Bund mit den revolutionären Bewegungen erreichen, welche die Überwindung der kapitalistischen Klassengesellschaft anstreben. Es ist daher höchste Zeit, dass sich die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung als Teil dieser Bewegungen begreift und den Klassenkampf von unten gegen den Kapitalismus und seine Profiteure aufnimmt.
Class Struggle – Animal Liberation!
Tierrechtsgruppe Zürich