Artgerecht ist nur die Freiheit!

Mehreren hundert AktivistInnen aus der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung haben am Samstag 28. Juli 2018 in Bern für die Abschaffung der Nutztierhaltung demonstriert. Organisiert wurde die Demo von Tier im Fokus.

Bio oder normal Schlachthof Tierrechtsgruppe Zürich

Die Tierrechtsgruppe Zürich unterstützte das Anliegen der Demo und beteiligte sich inhaltlich u.a. mit einer Rede zur Fleischindustrie und wie sich diese trotz zunehmender Kritik am Fleischkonsum ihre Profite sichert, ohne auch nur daran zu denken, Tierausbeutung zu beenden.
Zusammen mit der Kommunistischen Jugend hat die Tierrechtsgruppe Zürich auf der Demo zudem ein Flugblatt zum „Tierschutz-Washing“ der Fleischindustrie und zur kürzlich lancierten Massentierhaltungsinitiative verteilt:

Zum Flyer als Pdf

 

Das „Tierschutz-Washing“ der Fleischindustrie

und warum die Massentierhaltungsinitiative Tierausbeutung zementiert

Das Schlachten zu verschleiern und zu verbergen ist ein entscheidender Faktor bei der Vermarktung von Fleisch. Die KonsumentInnen sollen nicht daran erinnert werden, was wirklich in den Schlachthöfen passiert. Romantisierte Illusionen über die Nutzung von Tieren verhindern das Aufkeimen von Mitgefühl mit der leidenden Kreatur und verschaffen ein gutes Gewissen. Während die Bolzenschussgeräte auf Hochtouren laufen, erzeugen die PR- und Werbeagenturen der Fleischkonzerne Bilder, die uns die Realität der kapitalistischen Fleischproduktion vergessen lassen: saftige grüne Wiesen und glückliche Tiere. Massentierhaltung auf Plakatwänden gibt es nie zu sehen.

Image und Marktanteile
Die Fleischverarbeiter Bell (Coop), Micarna (Migros) und Co. brüsten sich in ihren Öffentlichkeitskampagnen mit Tierwohl-Standards, Tierschutznormen und Labels für naturnahe und tiergerechte Produktion. Kasse wird auch mit einem guten Ruf gemacht, den es auf dem Markt immer wieder aufs Neue herzustellen gilt. Der Tierschutz und seine Forderungen sind für die Fleischindustrie nicht einfach nur eine Last, sondern auch ein praktisches Mittel, um ihr milliardenschweres Geschäft mit dem Tod in ein gutes Licht zu rücken und allfälliger Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung war man sich lange darüber einig, dass der karitative Tierschutz deshalb ein nützliches Instrument zur Perfektionierung der Tierausbeutung ist, und kaum den Tieren selber, sondern vielmehr den Eigentümern der Schlachtfabriken dient. Darum war „Artgerecht ist nur die Freiheit!“ auch immer eine wichtige Bewegungsparole. Doch diese Position erlebt zur Zeit ein regelrechtes Roll-Back.

Heidi und das tapfere Schneiderlein
„Wir wollen zurück zu den Bildern à la Heidi, die der Konsument im Kopf hat» fordert etwa Meret Schneider, Co-Geschäftsleiterin des Tierrechts-Think-Thanks Sentience Politics. Als Mitinitiantin der Initiative Keine Massentierhaltung in der Schweiz will Schneider „eine Tierhaltung, wie sie uns in der Werbung von Swissmilk und Co. versprochen wird“ – und trägt so zur Verbreitung der Lüge vom „humanen Tod“ des „Bio-Schweins“ bei.

Doch Schneider ist nicht die Einzige aus der Tierrechtsbewegung, die Tiere nur noch nach Bio-Suisse-Richtlinien der Schlachtbank zuführen will. Genau das verlangt die Initiative nämlich. Pablo Labhardt, der Geschäftsleiter von Animal Rights Switzerland, Philipp Hoppen, Vorstandsmitglied bei tier-im-fokus, oder Raphael Neuburger, Präsident der Veganen Gesellschaft Schweiz sind neben anderen bekannten Namen ebenfalls Teil des Initiativkomitees.

Das Schlachten beenden, nicht rechtfertigen
Die Massentierhaltungsinitiative sieht nicht vor, Tierausbeutung abzuschaffen, sondern sie lediglich zu modifizieren. Sie geht deshalb nicht konform mit den Zielen der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung und dem Veganismus. Die Nutzung von Tieren wird mit der Initiative nicht in Frage gestellt, sondern zementiert.

Natürlich sind Reformen für bessere Haltungsbedingungen von Nutztieren für die betroffenen Individuen von Bedeutung. Als Bewegung dürfen wir aber nicht den Fehler begehen, die Produktion von Fleisch und anderen tierischen Produkten an vorgeblich gute Haltungsbedingungen zu knüpfen. Wir dürfen den Fleischkonzernen bei ihrem Tierschutz-Washing nicht wie diejenigen Tierschutzverbände unter die Arme greifen, welche ausgerechnet die zwei Unternehmen würdigen, die die meisten Tiermorde der Schweiz zu verantworten haben. „Dank Coop und Migros, die als Grossverteiler [der] Nachfrage mit Labelprodukten nachkommen, profitieren Hunderttausende von Nutztieren“, schreibt etwa der Zürcher Tierschutz über die Besitzer von Bell und Micarna. Wir hingegen sagen: Tierausbeutung gehört aus mehreren Gründen abgeschafft, nicht gelobt und reformiert!

Es gibt keine gute Fleischproduktion
Die Fleischindustrie ist ein gigantischer kapitalistischer Wirtschaftszweig, welcher auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt riesige Profite einfährt. Jahr für Jahr werden in der Schweiz 70 Millionen Tiere geschlachtet und dabei Umsätze von rund 10 Milliarden Franken erwirtschaftet. Richtlinien und Gesetze zum Schutz der Tiere werden ignoriert wo es nur geht, wie Undercover-Recherchen immer wieder zeigen. Die Fleischkonzerne nehmen die Bussen gegen Verstösse in Kauf. Erkämpfte Verbesserungen der Arbeitsbedingungen werden von den Bossen der Fleischkonzerne zudem umgangen und mit Füssen getreten. So ist zum Beispiel bekannt, dass vermehrt temporäre Arbeitskräfte eingestellt werden, weil diese u.a. weniger Ansprüche auf Krankentaggeld haben. Und bei der Verpestung der Umwelt spielt die Tierindustrie eine entscheidende Rolle. So sind zum Beispiel die fünf grössten Fleisch- und Molkereikonzerne gemeinsam für mehr Treibhausgas-Emissionen pro Jahr verantwortlich als die Ölkonzerne Exxon-Mobil, Shell oder BP.

Den jetzigen Zustand aufheben
Wenn wir die Tiere aus ihrem unwürdigen Dasein als Ware und Nutztiere befreien wollen, führt uns dies notwendig zur Konfrontation und zur Auseinandersetzung mit den nackten Geschäftsinteressen der Fleischbosse und ihrer Industrien. Wir sind der Überzeugung, dass es dafür eine kämpferische und klassenbewusste Kampagne gegen die Profiteure des menschlichen und tierischen Elends in den Schlachtfabriken bedarf. Dabei müssen wir nicht nur die Lügen des tierschutzkonformen Schlachtens zurückweisen, sondern den Kampf für die Befreiung der Tiere in einen umfassenden Kampf zur Überwindung des Kapitalismus einbinden. Letztlich muss sich eine revolutionäre Realpolitik für die Befreiung von Mensch, Tier und Natur daran orientieren, den Kapitalisten das Handwerk zu legen und sie zu enteignen. Denn erst wenn die Produktionsmittel in unseren Händen sind, können wir entscheiden, was und wie produziert werden soll.

Schluss mit dem Profit auf Kosten von Mensch, Tier und Natur!
Fleischindustrie enteignen! Kapitalismus abschaffen!

Tierrechtsgruppe Zürich
Kommunistische Jugend Schweiz