Am vergangenen Samstag demonstrierten am Claraplatz in der Basler Innenstadt rund 90 AktivistInnen gegen die größte und wichtigste Fachmesse der Schweizer Fleischindustrie, die Metzgereifachausstellung (Mefa), die nur einige hundert Meter entfernt in den Basler Messehallen ihre Tore für fünf Tage öffnete.
Die Mefa ist, so verkündet der Direktor des Schweizer Fleisch-Fachverbands (SFF), Ruedi Hadorn, im Editorial der vom SFF publizierten Schweizerischen Metzgerzeitung, „der Branchentreffpunkt schlechthin“ für die Unternehmen der gesamten Produktionskette. Die Vertreter von rund 90 Betrieben kommen alle zwei Jahre dorthin, um Kontakte zu schließen, ihre Waren anzupreisen und zu verkaufen, junge Arbeitskräfte zu rekrutieren, oder schlicht um Reklame für ihre Unternehmen und Produkte zu machen.
Auf dem Weg zur Messe müssen die BesucherInnen zunächst das sogenannte Metzgerstübli passieren, das von den OrganisatorInnen als eines der „Highlights“ beworben wird. Dabei handelt es sich doch um ein gewöhnliches Bierzelt nur ohne Zeltdach. Traditionsbewusst dekoriert stehen Tische dicht gedrängt in einer Vorhalle, an deren Kopfende sich eine kleine Bühne für Preisverleihungen und Live-Musik befindet. Bereits früh morgens erfüllt der Geruch diverser Fleischgerichte den Saal. Trotz des diesjährigen Mottos „Metzger für Metzger“ gibt es im Stübli allerdings auch vegetarische Pizza. Gegen Mittag ist die Hälfte der Tische bereits besetzt. Saturiert aussehende Männer in ihren 50-ern in grauen Anzügen und Familien mit starken regionalen Dialekten dominieren das Bild.
Die ersten BesucherInnen der Ausstellung scheinen sich allerdings fürs Erste nicht sonderlich für das Metzgerstübli oder die Auslage an den zumeist simpel gehaltenen Ausstellungsständen zu interessieren. Die Meisten sammelten sich am Tresen der Pacovis AG. Dort ging es trotz (oder wegen?) der frühen Tageszeit recht feucht fröhlich zu: Bier und Wein für die Herren, Sekt für die Damen, dazu ein munteres Sprüchlein und Gelächter. Die Pacovis AG, die sich als „innovativster Anbieter von Verpackungs- und Verbrauchsmaterial sowie von Gewürzen und Zusatzstoffen für lebensmittelverarbeitende Betriebe“ der Schweiz beschreibt, warb unterdessen an ihrem modern gestalteten Stand damit, dass sie „Feins vom ganze Tier“ anzubieten hat. Mit anderen Worten, die Tiere würden von der Nase bis zum Schwanz („nose-to-tail“) verarbeitet. Was als besonders „ressourcenschonend“ daherkommt, ist für die Tiere ein Euphemismus. Die konkrete Konsequenzen dieser scheinbar ökologischen Verarbeitungsmethode für die Tiere konnte man bei der Mefa an einer eigens vorbereiteten Auslage betrachten (s. Bild).
Die Pacovis AG war in Halle 1.1 der Basler Messe von allerlei Unternehmen umstellt, die die Werkzeuge für das tödliche Handwerk der Schlachtbranche herstellen. Kombinierte Brüh- und Enthaarungsmaschinen, Knochensägen, Bolzenschussgeräte, Elektroschockgeräte und sogenannte Treiber wurden ebenso feilgeboten wie verschiedene Verpackungs-, Räucher- und Reinigungsmaschinen (s. Fotos). Die Vertreter priesen die Vorteile ihrer Auslage ausführlich, sobald die vorbei flanierenden BesucherInnen auch nur geringes Interesse signalisierten. Einige Aussteller begrüßten sich herzlich, insbesondere wenn der ohnehin schwache Andrang am Samstag punktuell vollständig zu versiegen drohte. Man kennt und schätzt sich in der Fleischerzunft.
Ein besonderes Bonbon in Sachen Außendarstellung hielten die Newrox AG, ein Schleifmaschinenhersteller, und die Flury Schlachttechnik GmbH, Anbieter eines breiten Sortiments an Metzgereimaschinen, für die geneigten Beobachter bereit. Die Newrox verteilte während der Mefa Tragetaschen, auf denen auf der einen Seite ein Männergesäß in Feinripp-Unterhosen und auf der anderen Seite ein Frauendekolleté gerahmt von einem Dirndlkleid abgebildet waren. Darüber stand beidseitig der Slogan: „Scharfe Sache“. Die Flury Schlachttechnik GmbH warb nicht ganz so ordinär, obgleich die evozierten Assoziationen doch dieselben sein sollten. Auf einem rund zwei Meter hohen und ca. 1,50m breiten Plakat zeigt sie eine junge, leicht bekleidete Frau, die das Ajax-Kochmesser des Anbieters neben ihr Gesicht hält (s. Bilder). Die beiden Reklame-Artikel setzten dermaßen plump auf „Sex sells“, dass man sie als auch als Ausreißer nach unten hätte abtun können, handelte es sich nicht um typische Beispiele für die mit der Fleischproduktion und -konsumtion verbundene Populärkultur.
Zu dieser zählt sicherlich auch, dass an der „Plattenlege Meisterschaft“ Schweizer Fleisch-Fachverband für Lehrlinge für die Zuschauer erkennbar fast ausschließlich junge Frauen teilnahmen. Der Unternehmerzusammenschluss setzte an seinem Ausstellungsplatz, der größte der gesamten Messe, ohnehin überwiegend auf Kultur und Konsum statt auf politische Statements oder Diskussionen. Diese wurden zur Schweizer Fleisch-Fachtagung outgesourct. Beim SFF-Stand gab es hingegen den Qualitätswettbewerb der Schweizer Fleischbranche – eine Präsentation ausgewählter Fleischwaren, mit denen sich die Produzenten um das Qualitätssiegel der Branche bewarben. Dieser Wettkampf sei, so heißt es in der Presseankündigung der Messe-Veranstalter, die „Hauptattraktion der Mefa“.
Interessant war sie aber in erster Linie, weil bei den Bewerbern die beiden Schweizer Fleischoligopolisten erkennbar stark vertreten waren. Dabei sahen sich Bell (Coop) und Micarna (Migros) offensichtlich nicht einmal dazu gezwungen, mit einer eigenen Vertretung der Mefa beizuwohnen. Zu dominant sind die beiden Marktführer, die zusammen etwa 50 Prozent des nationalen Fleischmarktes beherrschen. Aufgrund ihrer Abwesenheit wirkte die im Vergleich zur unmittelbar in den Basler Messehallen angrenzenden „Internationale Fachmesse für Hotellerie, Gastronomie, Take-away und Care – Igeho“ ohnehin schon kleine Fachmesse der Fleischindustrie entgegen der ökonomischen Realitäten eher wie ein Stelldichein des Schweizer Mittelstands. Eine falsche Idylle, die mit den miserablen Arbeitsbedingungen der KollegInnen in den Betrieben, dem Elend der Tiere in den Mastanlagen und Schlachtstraßen des Fleischkapitals und den Folgen der Fleischproduktion für die Natur nichts zu tun haben.