Filmscreening als politisches Statement – Warum die Tierrechtsgruppe Zürich den Film »Losgelöst von allen Wurzeln…« zeigt

Losgelöst von allen Wurzeln Film Melodie und Rhythmus Tierrechtsgruppe Zürich

Der Film »Losgelöst von allen Wurzeln …« dokumentiert eine Begegnung zwischen dem Schauspieler und Gewerkschafter Rolf Becker, der Musikerin Esther Bejarano und dem Historiker und Kunsttheoretiker Moshe Zuckermann. Bejarano hatte im Mädchenorchester des KZ Auschwitz gespielt und mit 21 Jahren den Todesmarsch von Ravensbrück überlebt. Nach dem Krieg war sie nach Israel gegangen und erst 1960 nach Deutschland zurückgekehrt. Im selben Jahr zog Zuckermann mit seinen Eltern, polnischen Holocaust-Überlebenden, von Israel nach Frankfurt am Main. Die beiden langjährigen Freunde von Rolf Becker trafen auf Einladung von Melodie&Rhythmus, dem Magazin für Gegenkultur, im Oktober 2016 das erste Mal aufeinander. Im Zentrum ihrer Begegnung steht die Auseinandersetzung über ihre Erfahrungen als Juden im Land der Täter und ihr kritisches Verhältnis zum zionistischen Staat Israel – einem Land, das sich in Form von Militarismus und einer Politik der Gewalt sukzessive faschisiere und gegenüber den Palästinensern zum Apartheidstaat entwickle, so Zuckermann.

Vegane Vokü: 19:00 Uhr
Film: 20:00 Uhr
Ort: Infoladen Kasama, Militärstrasse 87a, Zürich

Trailer zum Film

 

Filmscreening als politisches Statement – Warum die Tierrechtsgruppe Zürich den Film »Losgelöst von allen Wurzeln …« zeigt

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Innerhalb linker Bewegungen formieren sich seit Ende der 80er Jahre Anhänger der israelischen Besatzungspolitik und Nato-Versteher, welche versuchen, Kritiker von Krieg, Imperialismus und Kapitalismus mundtot zu machen. Diese neokonservativen Demagogen treten ausgehend von der BRD unter Labeln wie „antideutsch“ oder „antinational“ in Erscheinung und gewinnen auch in der Schweiz Unterstützer und Strahlkraft. Vor dem Hintergrund, dass im Volkshaus Zürich eine antideutsche Veranstaltungsreihe in zwei Teilen angekündigt ist, wollen wir mit dem Vorführen des Films »Losgelöst von allen Wurzeln…« einen kulturellen Gegenpol zu dieser rechten Hetze im linken Gewand setzen.

Antideutsche Ikonen besuchen Zürich
Das Filmscreening der Tierrechtsgruppe Zürich findet sechs Tage vor einem Vortrag der deutschen Publizistin Jutta Ditfurth statt, die von einer dubiosen Initiative gegen Antisemitismus Zürich ins Volkshaus eingeladen und in der Programmzeitung des 1. Mai-Komitees unkommentiert beworben wird. Ditfurth steht für prozionistische Positionen und ist dafür bekannt, linke antiimperialistische und antimilitaristische Bewegungen zu diffamieren und politisch anzugreifen. Wer die israelische Regierungspolitik kritisiert oder Solidarität mit palästinensischen Belangen bekundet, läuft Gefahr, von Jutta Ditfurth mit Antisemitismusvorwürfen überzogen zu werden – so erging es auch der Gruppe F.O.R. Palestine, der auch Dror Dayan, der Filmemacher von »Losgelöst von allen Wurzeln …«, angehört.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Initiative gegen Antisemitismus Zürich ihr Glück mit dem Import antideutscher Ideologen versucht. Bereits 2010 organisierte sie eine Veranstaltung mit dem deutschen Bellizisten Stephan Grigat. Nun fahren sie gleich mehrere Veranstaltungen mit Ikonen der antideutschen Bewegungen auf. Den Aufschlag macht Jutta Ditfurth am 11. Mai 2017. Am 5. Juli wird das Wort dann u.a. dem Publizisten Alex Feuerherdt erteilt. Er soll zur „Kritik an der BDS-Bewegung“ im Volkshaus referieren. Feuerherdt schreibt für verschiedene Neocon-Medien wie Audiatur Online oder dem antideutschen Zentralorgan Jungle World und betreibt den Blog Lizas Welt.

Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument
In ihrem Selbstverständnis schreiben die Initianten über sich, dass sie der „gerade auch in der Linken grassierende Antisemitismus“ zusammengebracht habe. Bestehen soll dieser ins Feld geführte Antisemitismus in der „Kritik am Staat Israel“. Hinter dieser abstrusen Logik steckt die in neokonservativen Kreisen verbreitete Gleichsetzung von Judentum, Zionismus und Israel. Indem stillschweigend unterschlagen wird, dass es sich dabei um drei verschiedene Paar Schuhe handelt, lässt sich jede Kritik an Israel als antisemitisch brandmarken.

Damit wird der Antisemitismus-Vorwurf zu einer ideologischen Waffe umfunktioniert, um die israelische Kriegs- und Besatzungspolitik zu legitimieren sowie Friedensbewegte, Muslime, und Linke zu bekämpfen. Besonders perfide: Gerade jüdische Linke werden regelmässig zur Zielscheibe antideutscher Hasskampagnen und als „selbsthassende Juden“ verunglimpft. „Es ist eine Sauerei überhaupt“, meint Esther Bejarano an einer Stelle im Film, „wenn wir, ehemalige Verfolgte des Naziregimes, bezichtigt werden, Antisemiten zu sein.“

Die antideutsche Transformation der Antisemitismuskritik macht nicht zuletzt vermeintlich linke Positionen mit denjenigen der Rechten kompatibel. Neue Rechte und Rechtskonservative haben schon länger entdeckt, dass sie aus dem Antisemitismus-Vorwurf politisches Kapital schlagen können – sei es in Israel, Deutschland oder der Schweiz. Es ist daher alles andere als ein Zufall, dass dieser Vorwurf zum Beispiel gegen die BDS-Kampagne neben Ditfurth und Feuerherdt längst auch von der SVP erhoben wird.

Gegen die Instrumentalisierung des Antisemitismus!
Die Tierrechtsgruppe Zürich setzt mit den Filmscreening von »Losgelöst von allen Wurzeln …« ein politisches Statement gegen die rechte und vorgeblich linke Instrumentalisierung des Antisemitismus. Ester Bejarano und Moshe Zuckermann finden in ihren Gesprächen und Ausführungen im Film dafür die treffenden Worte. Als linke Juden wissen sie, was es heisst, tatsächlich Opfer von Antisemitismus zu sein. Genauso wissen sie darum, was es heisst, wenn die rechte israelische Regierung Antisemitismus als herrschaftserhaltender Vorwurf instrumentalisiert um gegen Kritiker ihrer kriegerischen und rassistischen Politik vorzugehen.