Im Dienst des Imperialismus – Massaker von Indonesien 1965

Vor 50 Jahren, im Oktober 1965, vollzog sich in Indonesien ein blutiger Regimewechsel. Antiimperialistische linke Kräfte, welche einem pro-westlichen Wirtschaftskurs im Wege standen, wurden in einem neun Monate andauernden genozidähnlichen Massaker vernichtet. Durchgeführt wurden der Putsch und das Massaker von reaktionären Kräften, welche in der Folge die Regierung übernahmen. Bei diesem blutigen Putsch spielte der US-Geheimdienst CIA eine entscheidende Rolle. Die CIA unterstützte die reaktionären Kräfte in Indonesien nicht nur in der Vorbereitung und Durchführung des Putsches, sondern auch während der Massenmorde an Kommunisten und anderen progressiven Kräften.

Indonesien 1965 Tierrechtsgruppe ZürichDemonstration der PKI

Politischer und ökonomischer Zustand Indonesiens vor 1965
Zwischen 1949, der Unabhängigkeit Indonesiens von Holland nach 350-jähriger Kolonialherrschaft, und Oktober 1965 war die linke Bewegung in Indonesien eine der stärksten linken Bewegungen ausserhalb der sozialistischen Staaten. Im Jahr 1965 war die Kommunistische Partei Indonesiens (PKI) die grösste kommunistische Partei der nicht-sozialistischen Staaten und zählte mehr als drei Millionen Mitglieder, sowie geschätzte 15-20 Millionen aktive Unterstützer. Gleichzeitig waren die Indonesier in grosser Zahl in Arbeiter- und Bauerngewerkschaften organisiert und hatten ein starkes Klassenbewusstsein. Regelmässig demonstrierte eine grosse Zahl von Menschen vor US-Missionen gegen die imperialistische Politik der USA. Zur gleichen Zeit begannen Arbeiter in US-amerikanischen Erdölförderanlagen und Kautschukplantagen diese zu enteignen – unter anderem auch entzürnt über den US-Militäreinsatz in Vietnam – und unter eigene Kontrolle zu bringen; in einer Zeit wo ein Grossteil der indonesischen Rohstoff- und Erdölförderung sowie der Kautschukanbau in den Händen von vor allem amerikanischem und europäischem Kapital war. Diese Enteignungen wurden unter dem antiimperialistisch ausgerichteten Präsidenten Sukarno, welcher die Zusammenarbeit mit den West-Mächten verweigerte, planmässig weitergeführt, so dass ausländische Unternehmen und Investoren stark aus Indonesien zurückgedrängt wurden.

Unterstützung antikommunistischer Kräfte durch die CIA
Diese den imperialistischen Kapitalinteressen entgegen verlaufenden Entwicklungen waren der USA seit längerem ein Dorn im Auge. Zur Sicherstellung dieser Interessen waren seit der Unabhängigkeit Indonesiens reaktionäre Kräfte im Land von der CIA tatkräftig unterstützt worden. Diese Hilfe erfolgte ab den 1950er Jahren zunächst finanziell, indem die rechten Militärkreise regelmässig Beiträge in Millionenhöhe erhielten (1). Sie erfolgte jedoch zunehmend auch militärisch, wobei zwischen 1956 und 1959 unter anderem 200 ranghohe indonesische Offiziere in den USA trainiert worden waren (2). Die Hilfe der CIA resultierte schliesslich 1958 in einem ersten, erfolglosen Putschversuch von rechten Rebellenkräften, unter denen einige dissidente Militärs waren. Die CIA unterstützte die reaktionären Kräfte auch während des Putschversuches (3), unter anderem in der Versorgung mit Waffen und Flugzeugen (4).

Putsch 1965
Am 30. September 1965 vereitelten progressive Militärangehörige mit Unterstützung von PKI-Mitgliedern einen ersten, von faschistischen Generälen angeführten Putschversuch , worin sechs von ihnen umkamen (1). Dieser wurde später in der antikommunistischen Propaganda als Putschversuch der PKI dargestellt, um die folgenden Massenmorde an deren Mitgliedern zu rechtfertigen.
Den verbliebenen rechten Generälen gelang schliesslich einige Tage später ein siegreicher Coup und die faschistischen Generäle Nasution und Suharto übernahmen zwischen Oktober 1965 und dem Frühjahr des Folgejahres die Macht in einer Militärjunta. Der geputschte Präsident Sukarno wurde bis zu seinem Tod 1970 unter Hausarrest gestellt.

Massaker 1965/1966
Kaum an der Macht, machte sich die Armee daran, alle linken Kräfte im Land zu zerstören, angefangen mit kommunistischen Kräften in Militär und der Regierung. Entgegen den Berichten der westlichen Medien, welche das Massaker grösstenteils ignorierten und das Blutvergiessen wahlweise als spontane Massenhysterie oder internen Konflikt darstellten, war das Massaker tatsächlich von langer Hand geplant und wurde systematisch durchgeführt. Die Morde verteilten sich gleichmässig und über das ganze Land, organisiert und durchgeführt vom Militär, mit tatkräftiger Unterstützung durch die paramilitärische Gruppe Pancasila Youth und lokale Bürgerwehren. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge wurden innerhalb von sechs Monaten zwischen 500’000 und drei Millionen Indonesier umgebracht.
Auch während des Massakers unterstützten die USA die reaktionären Kräfte weiterhin tatkräftig. Die Kräfte, welche die Morde durchführten, bekamen finanzielle Unterstützung von den USA, wie ein Telegramm des damaligen US-Botschafters zeigt (4). Anhand von Listen, welche dem Militär von verschiedenen Seiten zugespielt worden waren – von der CIA zum Beispiel eine Liste mit 5’000 Namen (5) – wurden Mitglieder und Sympathisanten der PKI und deren Familien, Arbeiter, welche an Aneignungen beteiligt gewesen waren sowie progressive Lehrer umgebracht.
Nebst des riesigen Ausmasses an Todesopfern wurden nach 1965 knapp hunderttausend Menschen jahrelang in Gefängnisse und Konzentrationslager gesperrt, wo sie Folter, systematischer Vergewaltigung, Zwangsarbeit und Hunger ausgesetzt waren.
Mit der Vortäuschung, die Kommunisten seien für den ersten vereitelten Militärputsch verantwortlich, sowie der folgenden antikommunistischen Propaganda, rechtfertigte die Putschregierung die Morde. In der Propaganda wurden die Opfer- und Täterrollen umgedreht und die Kommunisten als Täter dargestellt, als Gefahr, vor welcher General Suharto die Bevölkerung schützen müsse.

Wiedereinfall US-amerikanischen Kapitals
Bereits 1966, nur kurze Zeit nach dem Massaker, begann das amerikanische Kapital, sich Indonesien wieder unter den Nagel zu reissen, um Offshore-Öl zu fördern, Bohrlöcher wieder zu benützen, Kupferminen in Westneuguinea wieder zu öffnen sowie Plantagen wieder zu bearbeiten. Besitztümer, welche von den progressiven Kräften enteignet worden waren, wurden wieder von ihren vorherigen amerikanischen und europäischen Besitzern angeeignet. Auf rechtlicher Ebene wurden diese Kapitalinteressen 1967 mit einem Auslandsinvestitionsgesetz zementiert, welches ausländische Investoren gegen „Krieg, Revolution oder Aufstand“ versichern sollte (6). Dieses Abkommen garantierte den Firmen, alle ihre Besitztümer nach einem Aufstand wieder zurückzubekommen.
Unternehmen wie Unilever (Palmolive, Lux) profitierten von riesigen Pflanzenölplantagen während Uniroyal riesige Kautschuk- und Latexplantgen zurückbekam. Weitere Unternehmen, die ihre Besitztümer wiedererlangten waren Union Carbide, Singer Sewing Machine und National Cash Register.
Seine grauenvollste Fratze zeigte der Imperialismus, als unter der Orde Baru (Neue Ordnung)-Regierung des neuen indonesischen Präsidenten Suharto 1969 tausende politische Gefangene zur Zwangsarbeit in die Kautschukplantagen gesendet wurden, welche hauptsächlich der U.S. Rubber Company und Goodyear gehörten (6). Richard Nixon glorifizierte 1969 in einer Rede die grausame Durchsetzung der westlichen Kapitalinteressen: Indonesien sei 1965 zu einem Modellland geworden, in welchem eine kommunistische Übernahme verhindert werden konnte und die herrschende Klasse der USA über die Schmach des Vietnamkriegs hinweggetröstet werden sollte – ein Geschenk an das amerikanische Kapital: ein Land reich an Rohstoffen und 110 Millionen Einwohnern, welche nun für einen Hungerslohn zu arbeiten bereit waren (7).

Indonesien 1965 Tierrechtsgruppe ZürichSolidarität mit den Opfern des Massakers in Indonesien – Zürich

Kein Vergessen, kein Vergeben
Eine grundlegende Aufarbeitung des blutigen Putsches hat in Indonesien bis heute nicht stattgefunden und auch gegenwärtig werden tatsächliche und vermeintliche Kommunisten marginalisiert und stigmatisiert. Menschen, denen kommunistische Sympathien nachgesagt werden, werden Jobs verweigert und ihren Kindern wird die Schulbildung verwehrt. Verdächtige werden weiterhin verhaftet und in Gefängnisse gesteckt. Bis heute besteht in Indonesien ein Gesetz von 1966, welches nicht nur die PKI, sondern auch den Marxismus-Leninismus verbietet, und somit auch den Gebrauch von kommunistischen Symbolen wie Hammer und Sichel.

„Vergangenes historisch artikulieren heisst nicht, es erkennen, ‚wie es denn eigentlich gewesen ist‘“, schreibt Walter Benjamin in seinen Geschichtsthesen, „sondern sich einer Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt.“ International verschärft sich in Folge des Siegeszuges des Neoliberalismus der Kampf gegen das kommunistische Schreckensgespenst; nicht nur auf ideologischer Ebene, etwa mittels der Totalitarismustheorie, sondern zunehmend auch in blutiger Praxis. So auch in der Ukraine, wo im Frühjahr 2014, gefördert von EU und USA, die neoliberale Regierung Poroschenkos mit Hilfe von Faschisten an die Macht geputscht wurde. In der Ukraine werden Gewerkschafter, Kommunisten und Oppositionelle verfolgt und ermordet – wie beim gewaltsamen Angriff von faschistischen und rechten Banden auf das Gewerkschaftshaus in Odessa am 2. Mai 2014, bei dem mindestens 42 Menschen ermordet wurden. Sukzessive wird der Antikommunismus in der ehemaligen Sowjetrepublik auch auf gesetzlicher Ebene verankert. Im Juni 2015 verabschiedete die Regierung das „Entkommunisierungsgesetz“. Dadurch wurden der Kommunistischen Partei der Ukraine (KPU) der Parteienstatus entzogen und kommunistische Symbole verboten. Das Gesetz erlaubt den Machthabern in Kiew alles, was sie für kommunistisch halten, fortan mit drastischen Strafen von fünf bis zehn Jahren Gefängnis sanktionieren zu können.

Der Kampf gegen Imperialismus und Faschismus kann nur wirksam geführt werden, wenn wir uns der Geschichte bewusst bleiben und daran erinnern, wer die tatsächlichen Profiteure und Förderer dieser barbarischen Verhältnisse sind: die herrschende Klasse der Kapitalisten!

Kein Vergeben, kein Vergessen dem Massaker von Indonesien!

Solidarität mit den antifaschistischen Kräften in der Ukraine!

Antifaschismus heisst Antiimperialismus!

1 – http://www.namebase.org/scott.html
2 – http://www.workers.org/indonesia/chap1.html
3 – https://file.wikileaks.org/file/crs/RL32394.pdf
4 – http://www.governmentattic.org/8docs/CIAoverheadRecon_1992.pdf (S. 212)
5 – http://nsarchive.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB52/exhibit2a.pdf
6 – http://www.namebase.org/kadane.html
7 – http://www.workers.org/indonesia/chap4.html